Alltäglicher als man denkt!
Viele Menschen haben noch nie etwas von Hydroponik gehört, obwohl Sie täglich damit in Berührung kommen. Ein besonderes Beispiel ist die Produktion von Gemüse. Vor kurzem habe ich Europas größte Gärtnerei besucht. Hier wurde gezeigt, wie Salatkopfe, Tomaten, Paprika und viele weitere Gemüsesorten hydroponisch gezüchtet wurden.
Immer häufiger wird Gemüse, das wir im Supermarkt kaufen können, hydroponisch angebaut. Besonders Salate und Kräuter wie Basilikum, Petersilie oder Rucola stammen oft aus dieser Anbaumethode. Ein typisches Beispiel sind die Salate oder Kräutertöpfe mit Wurzelballen, die man direkt im Topf kaufen kann. Diese wachsen fast immer in hydroponischen Systemen. Auch Tomaten, Gurken und Paprika werden in großen Gewächshäusern, etwa in den Niederlanden, Spanien oder Deutschland, häufig nicht mehr in Erde, sondern in Substraten wie Steinwolle, Kokosfasern oder Perlite kultiviert und über Nährstofflösungen versorgt. Zunehmend setzt man auch bei Erdbeeren und anderen Kulturen auf Hydroponik, da der Anbau so unabhängiger von Witterungseinflüssen und Transportbedingungen wird.
Für den Gemüsehandel bietet Hydroponik auch einige klare Vorteile. Die Ernten sind planbarer, die Qualität bleibt gleichmäßig hoch und Gemüse kann ganzjährig unabhängig von Klima und Bodenverfügbarkeit produziert werden. Gleichzeitig spart die Methode große Mengen Wasser ein – bis zu 90 Prozent weniger im Vergleich zum klassischen Freilandanbau. Auch der pestizidfreie Anbau ist hier möglich.
Für Verbraucher bedeutet das, dass immer mehr Produkte im Supermarkt, ohne dass es ausdrücklich auf der Verpackung steht, aus Hydroponiksystemen stammen.
Hydroponik kommt aber nicht nur in der „Gemüse-Industrie“ vor, sondern ist extrem vielseitig! Auch in vielen heimischen Küchen findet man schon Mini-Hydroponik-Systeme, die zwar weniger für die Zucht von Gemüse, aber zum frischhalten von Küchenkräutern verwendet werden.
Weitere Anwendungsformen.
- Lebensmittelproduktion in Gewächshäusern. Hydroponische Systeme werden oft in kommerziellen Gewächshäusern eingesetzt, um Gemüse, Kräuter und Früchte effizient zu produzieren (z.B. Tomaten, Gurken, Salate, Erdbeeren).
- Vertikale Farmen in dichtbesiedelten Gebieten. In Städten werden Hydroponiksysteme in mehreren Stockwerken betrieben (z.B. „vertical farming“), um auf kleiner Fläche hohe Erträge zu erzielen.
- Urban Farming, kleine hydroponische Systeme auf Dächern, Balkonen oder in Kellern erlauben den Anbau frischer Lebensmittel mitten in der Stadt.
- Heimnutzung und Hobbygärtnerei in Indoor-Gärten. Kompakte Hydroponik-Sets (z.B. von GrowPlanty) ermöglichen Privatpersonen den Anbau von Kräutern, Salaten und weiterem Gemüse zuhause – das ganze Jahr über. Das schöne ist dabei, dass die benötigte Energie für die Pflanzenbeleuchtung auch im Winter über die Solaranlage oder das Balkonkraftwerk erzeugt werden kann. Selbst bei stattlichen Hydroponik-Schränken für die Großfamilie liegt der durchschnittliche Energieverbrauch für Wasserpumpe und Beleuchtung selten über 50W. Selbst bei langen Belichtungszeiten von 12 Stunden pro Tag, liegen die Kosten bei gekauftem Strom selten über 0,2€ pro Tag. Und bei Solarstrom ist es natürlich noch günstiger.
- Selbstversorgung kann ein Argument für ein hydroponisches System sein. Menschen nutzen Hydroponik, um ihre eigene Ernährung unabhängig von Supermärkten zu sichern.
- In Forschung und Bildung bieten hydroponische Systeme kontrollierte Bedingungen, um Pflanzenwachstum und Nährstoffaufnahme präzise zu untersuchen. Auch mit jüngeren Schülerinnen und Schülern, beispielsweise in der Sekundarstufe 1 sind hydroponische Systeme sehr gut geeignet, da die Pflanzen zwischen zwei Unterrichtsstunden und zwischen den Ferien wesentlich bessere Überlebenschancen haben.
- Schulprojekte und praktische Anwendungen in Universitäten mit Themenschwerpunkten wie Technik, Automatisierung aber auch übliche Biologie. Schüler und Studenten lernen durch Hydroponik die Grundlagen von Pflanzenphysiologie, Chemie (z.B. pH-Management) und Technik.
- In der Katastrophenvorsorge und Raumfahrt ist das Thema ebenfalls bekannt. NASA und ESA entwickeln hydroponische Systeme (z.B. auf der ISS), um Astronauten auf langen Missionen mit frischem Gemüse zu versorgen.
- Auch in der Krisenvorsorge, in Katastrophengebieten oder unter extremen Bedingungen (z.B. Wüsten, Arktis) kann Hydroponik unabhängig vom Bodenzustand Lebensmittel produzieren. Dazu gibt es auch spannende Doku-Sendungen in diversen Mediatheken.
- Medizinische und industrielle Anwendungen für den gezielten Anbau von Heilpflanzen. Hydroponik wird eingesetzt, um Pflanzen mit medizinischen Wirkstoffen (z.B. Cannabis, Heilkräuter) unter optimierten Bedingungen anzubauen.
- Die pharmazeutische Pflanzenproduktion greift ebenfalls auf Hydroponik zurück. Pflanzen wie Artemisia annua (gegen Malaria) oder Tabak für biotechnologisch hergestellte Impfstoffe, können effizient hydroponisch kultiviert werden.
- Zierpflanzen und dekorative Pflanzen wie Orchideen, Anthurien und andere Zierpflanzen gedeihen hervorragend in hydroponischen Systemen und Semi-Hydroponik in Blähton. Die roten Kügelchen hat sicher jeder schonmal in einer Zimmerpflanze entdeckt und hat sich gefragt, warum diese anstelle von Erde eingesetzt werden.
- Aquaponik-Systeme sind aufgrund ihrer interessanten Kombination von Fischzucht und Pflanzenanbau immer wieder ein Blickfang und Thema in Forschungsarbeiten. Die Abfälle der Fische dienen den Pflanzen als Dünger. Ein besonders nachhaltiger Ansatz. Erst kürzlich wurden an der Nordsee bei einem Hafenfest von einer Universität in Schleswig Holstein Fischbrötchen verkauft, die aus dieser Fischzucht stammten. Das fanden die örtlichen Fischer übrigens nicht so spannend.
- Sonderanwendungen wie die Wüstenbegrünung. In extrem trockenen Regionen kann Hydroponik helfen, Gemüse und Bäume mit minimalem Wasserverbrauch anzubauen. Das wird aktuelle in Projekten in den Vereinigten Arabischen Emiraten umgesetzt.
- In Biodiversitätsprojekten können gefährdete Pflanzenarten in Hydroponiksystemen effizienter vermehrt und erhalten werden.
